Oder: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Liebe Mitglieder der Berliner Taxivereinigung, liebe Taxiunternehmerinnen und Unternehmer und geehrte Freunde und Kunden des Berliner Taxigewerbes,
das Jahr 2021 ist nun beinahe zu Ende und ich habe wieder die ehrenvolle und anstrengende Aufgabe einen kurzen Jahresrückblick zu schreiben und Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2022 zu wünschen. Die zweite Aufgabe ist leicht zu erfüllen, denn ich wünsche Euch allen ein Weihnachtsfest ohne Stress und viel Kraft und Gesundheit für das neue Jahr.
Die erste Aufgabe ist schwieriger, denn ich soll nicht lügen und trotzdem über positive Dinge und Ereignisse sprechen, die uns das Jahr 2021 beschert hat. Unbestreitbar positiv für das Berliner Taxigewerbe waren die Impffahrten. Der Senat von Berlin bezahlte die Fahrten mit sogenannten Impfcoupons und brachte das Impftempo damit ordentlich in Schwung. Wir wissen nicht wie vielen Menschen diese Impfungen das Leben gerettet haben. Ich denke, selbst wenn es nur einer wäre, dann hätte sich dieser gewaltige finanzielle Kraftakt gelohnt.
Viele Taxifahrer zeigten sich von ihrer besten Seite und erhielten zu recht viel Lob von den Kunden. Allen Unternehmern und Unternehmerinnen, die die Abläufe an den Impfzentren mit organisiert haben, möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Sie haben ihren Job nicht nur gut, sondern hervorragend gemacht und sich ihr Geld redlich verdient. Nicht nur das: Sie haben sich um das Taxigewerbe verdient gemacht. Vielleicht halten viele Menschen die Anstrengungen des Berliner Taxigewerbes, der Bundeswehr, des Arbeiter Samariterbundes, der Impfärzte und Ärztinnen und aller andern für selbstverständlich. Wir tun das nicht.
Die Abrechnungen wurden von Taxifunk Berlin übernommen. Viele Menschen vergessen leicht, wie viel Arbeit hinter einer Dienstleistung steht, die scheinbar mühelos und oft auch unsichtbar abgewickelt wird. Alle zusammen, die Taxifahrer, die Unternehmer und Unternehmerinnen an den Impfzentren und nicht zuletzt der Chef und die Mitarbeiter von Taxifunk Berlin haben unseren Berlinern und Berlinerinnen gezeigt, was ihnen fehlen wird, wenn das Taxigewerbe zusammenbrechen sollte.
„Über Geld sollte man nicht reden, man hat es.“ Dieser etwas arrogante Spruch hat es in sich. Was sollte man aber machen, wenn man kein Geld mehr hat? Gastronomie und Gaststättengewerbe, der Einzelhandel, Hotels, die Musiker und Clubs wurden durch Seuche und ihre Bekämpfung schwer getroffen. Sie sind das Netzwerk in dem und von dem wir leben. Sie alle und die Taxiunternehmer haben Coronahilfen beantragt und auch erhalten. Für mehr als 500 Taxiunternehmer hat das aber nicht gereicht. Seit Beginn der Coronapandemie im März 2020 haben sie ihre Firma geschlossen. Der Konzessionsbestand hat sich seit Jahresanfang 2020 um mehr als 2.000 vermindert. Vor der Folie dieser Zahlen sieht die kurze Blüte des „Impfsommers 2021“ nicht mehr ganz so bunt aus.
Entwicklung des Konzessionsbestandes des Berliner Taxigewerbes März 2020 – Oktober 2021
Die Berliner Taxivereinigung hat mit über 30 Mitgliedern beinahe ein Drittel ihres Bestandes verloren. Diese Unternehmer haben uns nicht verlassen, weil sie sich in unserem Verband nicht mehr wohlfühlten. Sie haben den Bettel hingeschmissen und ihre Firmen geschlossen. Und dafür ist nicht nur die Coronapandemie verantwortlich. Unsere Genehmigungsbehörden passen weder die Taxitarife den drastisch steigenden Mindestlöhnen an, noch scheinen sie bereit, willig und in der Lage die „UBER Sklaven“ angemessen zu überwachen und auch bei ihnen grundlegende Rechtsvorschriften durchzusetzen. Die beiden Graphiken zeigen ein eindeutiges Bild. Rechtstreue Firmen steigen aus und überlassen den Markt denen, die Vorschriften eher für unverbindliche Empfehlungen halten. Seit August 2021 setzt sich die wirtschaftliche Realität allerdings auch auf dem Markt für Mietwagen durch.
Konzessionsentwicklung auf dem Mietwagenmarkt in Berlin März 2020 –Oktober 2021
Einige Menschen können so einem Schrumpfungsprozess etwas Gutes abgewinnen. Am leichtesten fällt es allen, die wirtschaftlich nicht davon betroffen sind. Eine Pandemie, so lange sie auch dauern mag, ist ein konjunkturelles Ereignis. Staatsversagen aber ist ein strukturelles Problem. Durch Nichthandeln verschwindet es nicht. Leider kann ich bei den staatlichen Stellen keinerlei Einsicht erkennen, dass sie selber ein Teil des Problems sind. Viele Menschen und auch einige Staatsdiener freuen sich über die niedrigen Preise, mit Hilfe derer sich UBER Marktanteile erkämpft. Natürlich drücken diese „Dumpingpreise“ auf die Fahrpreise für Taxen. Wer die Taxifahrpreise aber nicht zeitnah an den Anstieg des Mindestlohnes anpasst, der trägt Verantwortung für das Taxensterben.
Es sieht nicht gut aus für 2022. Ich kann jeden verstehen, der dem Taxigewerbe den Rücken zukehrt. Bei einem Mindestlohn von 10,45 EUR / Stunde oder gar von 12,00 EUR / Stunde wird vielen gar nichts anderes mehr übrigbleiben. Zieht rechtzeitig die Reißleine, bevor ihr noch den Rest Eurer Altersvorsorge verwirtschaftet.
Viel wichtiger aber ist es Verbitterung zu vermeiden. Wir haben lange für ein sauberes Taxigewerbe gekämpft. Vielleicht haben wir verloren. Bitte lasst
Euch dadurch aber nicht ins Lager von Verschwörungstheoretikern treiben. Zu einer richtig guten Verschwörung gehört viel Hirn. Das kann ich nirgends erkennen. Ich sehe bornierte Bürokraten, narzisstische Narren und einen Haufen Halbschlaue, die Entscheidungen fällen und Gesetze zusammenschreinern, bei deren Lektüre kompetente Menschen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Gegen diese „Hochleistungsfachkräfte“ konnten wir uns nicht durchsetzen. Das macht unser Anliegen nicht falsch und sollte für uns kein Anlass zur Verzweiflung werden. Wir sollten uns das alles
nur gut merken, vor allem, wenn Politik in Zukunft mit dem Klingelbeutel herumläuft und Geld einzusammeln will um den Schaden zu beseitigen, den sie selber angerichtet hat.
Euch allen wünsche ich (in dieser Reihenfolge)
· seelische und körperliche Gesundheit
· ein robustes Naturell, das Euch hilft rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu fällen
· und die Fähigkeit abzuschalten und damit zu akzeptieren, dass Vernunft gegen ein Übermaß an „UmVUK“ wenig Chancen hat.
Richard Leipold BTV
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